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Nachruf zum Tode von Prof. Dr. Jana Zvárová

Prof. Dr. Jana Zvárová ist am 5. Juli 2017 im Alter von 74 Jahren und für viele Ihrer Kollegen wie auch für uns völlig unerwartet gestorben. Die Beiträge Jana Zvárovás für die Medizinische Informatik, aber auch darüber hinaus für die Medizinische Biometrie und Epidemiologie (fachliche Grenzen, die sie so auch bewusst und aus guten Gründen nicht sehen wollte), waren bedeutend und international sichtbar. Es war ihr ein Anliegen, die internationale Zusammenarbeit in Lehre und Forschung zu fördern und zu praktizieren. Dies gelang ihr schon vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Anschließend, nachdem diese politischen Grenzen nicht mehr existierten, konnte diese Zusammenarbeit insbesondere in Europa, auch unter intensiver Einbeziehung deutscher wissenschaftlicher Einrichtungen noch erheblich weiter intensiviert werden.

Jana Zvárová wurde am 30. Juni 1943 in Prag geboren. Sie studierte Mathematik an der Prager Karls-Universität, an der sie, nach Abschluss ihres Studiums im Jahr 1965, auch in Lehre und Forschung tätig wurde. Es folgten Promotion (1970) und Habilitation (1978). Seit 1992 war sie als Professorin tätig und zwar sowohl in der 1. und 2. Medizinischen Fakultät als auch in der Fakultät für Mathematik und Physik der Karls-Universität.

Jana Zvárová interessierte sich früh für medizinische Anwendungen der Mathematik und der Informatik. 1978 war sie an der Gründung der Sektion Medizinische Informatik der Tschechischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik und Informatik maßgeblich beteiligt. Sie engagierte sich intensiv und über viele Jahre in der European Federation for Medical Informatics (EFMI) und in der International Medical Informatics Association (IMIA).

Besonders herausragend und international sichtbar war die Gründung von EuroMISE, dem European Centre of Medical Informatics, Statistics and Epidemiology an der Karls-Universität und der tschechischen Akademie der Wissenschaften, dessen Direktorin sie seit 1994 war. EuroMISE startete als Projekt mit EU-Förderung, das Wissenschaftler aus Deutschland (bzw. aus der GMDS) und aus vielen anderen europäischen Ländern für die Aus- und Fortbildung nach Prag brachte. Die Zuhörer kamen aus Mittel- und Osteuropa. Die aufgebaute Infrastruktur war beispielhaft und bildete die Basis für eine bis heute erfolgreiche wissenschaftliche Einrichtung.

Die methodischen Schwerpunkte von Jana Zvárovás Forschungsarbeiten lagen auf den Gebieten Entscheidungsunterstützung und Analyse biomedizinischer Daten. Sie war Herausgeberin zahlreicher Bücher und Mitherausgeberin mehrerer internationaler Zeitschriften. Als Gründerin und Herausgeberin des European Journal of Biomedical Informatics beschritt sie neue, wichtige Wege zur mehrsprachigen Publikation wissenschaftlicher Arbeiten.

Professor Zvárová wurde für ihr Engagement und für ihr wissenschaftliches Werk mehrfach ausgezeichnet. Im Jahr 1999 wurde sie von der Karls-Universität zur Ordinaria ernannt. Im selben Jahr erhielt sie eine der höchsten tschechischen Auszeichnungen: den Doktor der Wissenschaften der tschechischen Akademie der Wissenschaften. 2014 wurde ihr die Ehrenmitgliedschaft der EFMI verliehen.

Wir verlieren mit Jana Zvárová eine Kollegin, die sich nicht nur durch ihre herausragenden Beiträge in Lehre und Forschung verdient gemacht hat. Jana Zvárová hatte schon vor 1989 den eisernen Vorhang nie akzeptiert und sich auch in schwierigen Zeiten für die wissenschaftliche

Zusammenarbeit jenseits von politischen Grenzen und im Dienste der Menschen weltweit eingesetzt. In einer Zeit, in der solche Grenzen wieder zu wachsen scheinen, soll auch diese vorbildliche Seite von ihr nicht vergessen werden. Eine Fortführung Jana Zvárovás Aktivitäten sollte nachbarschaftlich unterstützt werden.

Mit ihrer Familie, ihrer Mutter, ihrem Mann, ihren vier Kindern und ihren vier Enkelkindern und mit vielen Kollegen trauern wir um eine besondere Person.

 

Rolf Engelbrecht, Reinhold Haux und Alfred Winter

 

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